Das schwarze Auge - 20. Runde der Kampagne: Greifenfurter Adel
Ich brauchte diese wenigen Tage der Ruhe. Wir alle brauchten sie und Yorlak gab uns die Chance uns zu erholen. Aber es gab viel zu besprechen und es gab viel zu klären. So erwuchs in diesen Tagen der Ruhe auch ein Zweifel, der in einen Verdacht mündete und in Schuldzuweisungen gipfelte.
Ein Teil unserer Gruppe ging davon aus, dass uns Yorlak bewusst in eine Falle geschickt hatte. Da Pentagor vom Freund eines Freundes oder aber dem Feind eines Feindes sprach, hier waren sich meine Kameraden nicht mehr so sicher, kam der Verdacht auf, dass Yorlak diese Person sein könnte. Bedauerlicherweise liegen diese ersten Tage, nach der Begegnung mit dem Nekromanten, für mich zum größten Teil im Dunkeln.
Da die Situation immer unhaltbarer wurde und auch auf Grund der Tatsache, dass wir zu Gast im Hause dessen waren, welchen einige von uns des Verrates verdächtigten, führten Auđur, Bender, Stordian und ich ein längeres und klärendes Gespräch mit Yorlak. In diesem Gespräch schilderten wir, so gut wir uns daran erinnern konnten die Ereignisse, welche sich unter dem Turm zugetragen hatten. Auch äußerten wir offen unseren Verdacht gegenüber Yorlak, welcher uns aber glaubhaft versichern konnte, dass er damit nichts zu tun hätte. Immerhin war er es, der uns ausdrücklich zur Vorsicht gemahnt hatte.
Hinsichtlich unseres weiteren Vorgehens empfahl er uns dringend die Praios-Kirche in Gareth zu Rate zu ziehen. Wenn jemand erfolgreich diesen Pentagor vernichten konnte, dann waren dies die Geweihten und Bannstrahler. Ich habe aber diesbezüglich einige Bedenken. Für die Geweihten des Praios ist bloße Anwendung von Magie schon etwas Götterlästerliches. Selbst ich, als Weißmagier der Akademie Schwert und Stab zu Gareth, erfuhr im Kontakt mit Geweihten der Kirche nur Ablehnung und Verachtung. Gray, ein Graumagier des Konzils der Elemente zu Drakonia, steht für diese Fanatiker vermutlich nur eine Stufe unter dem unheiligen Nekromanten selbst. Daher sollten wir, meiner bescheidenen Meinung nach, eher unser Glück im Boron-Tempel suchen und auf eine Gesandtschaft der Golgariten hoffen.
Doch neben unserem weiteren Vorgehen, wie dieses auch aussehen möge, spekulierten wir auch über die Herkunft des Pentagor Dunkelstein. Zum aktuellen Zeitpunkt gehen wir mit einiger Sicherheit davon aus, dass dieser mit dem endlosen Heerwurm, einer riesigen Armee von Untoten, von Yol-Ghurmak aus Richtung Wehrheim und Gareth zog. Vielleicht lässt sich in der Hauptstadt der schwarzen Lande noch etwas über ihn in Erfahrung bringen. Die dunkle Halle der Geister in Brabak, im Süden Aventuriens, wäre gegebenenfalls auch einen Besuch wert. Irgendwo muss der Nekromant sein Handwerk schließlich erlernt haben und mir fällt kein besserer Ort ein. Und wir müssen dringend mehr über diese finstere Gestalt erfahren. Nur das versetzt uns in die Lage sein Phylakterium, sein Seelengefäß und Quell seiner Unsterblichkeit, zu erkennen… sollten wir es denn überhaupt finden.
Wie dringend das Erlangen weiteren Wissens diesbezüglich ist, bewies unsere Diskussion, in der vor allem Bender davon ausging, dass das Phylakterium ein Gefäß sein muss. Nun sind die dunklen Künste nicht wirklich mein Fachgebiet und auch habe ich von dieser Thematik nur am Rande erfahren, aber ich glaube mich zu erinnern, dass zur Schaffung eines solchen Gegenstandes alles Mögliche dienen kann.
Yorlak informierte uns darüber, dass er auf jeden Fall sein Haus in Wehrheim verlassen und zurück nach Khunchom gehen würde. Hierfür wollte er von Beilunk per Schiff reisen. Denn egal wie es nun weitergehen würde, Nekromanten oder die Inquisition der Praios-Kirche sind keine angenehmen Nachbarn.
Doch wie sollten unsere nächsten Schritte aussehen? Wir könnten die Chance nutzen und uns Yorlak bei seiner Reise nach Khunchom anschließen. Immerhin hoffen wir dort etwas über den Schuldschein zu erfahren, den Stordian bei dem Toten unter dem alten Turm entdeckt hatte. Aber unsere aktuelle Reisegruppe umfasste auch die kleine Sophie, die Tochter des Holzfällers, welchem wir versprochen hatten, das Kind im nächsten Hesinde-Tempel vorzustellen. Dieser lag in Gareth. Auch wollten wir dort einen Blick in die Bibliothek der Akademie Schwert und Stab zu Gareth werfen, da diese durch ihre militärische Prägung auch vieles an geologischem und kartographischem Wissen angesammelt hat.
Letztendlich entschieden wir uns dafür, nach Gareth zu reisen, immerhin hatten wir die Verantwortung für ein Kind. Aves, der Schutzheilige der Abenteurer, Seefahrer und Reisenden, erwies sich uns gegenüber als gnädig und so gelangten wir bei schönem Wetter und ohne Zwischenfall nach Gareth. Dort, in der Hauptstadt des Mittelreiches, ließen wir uns im Tempelviertel nieder. Andaryn und Gray nutzen die Gelegenheit, um ihre Zeit in einigen der eher Rahja gefälligen Etablissements zu verbringen. Zwar schlugen die Beiden meines Erachtens deutlich über die Stränge, aber zumindest musste dieses Mal keiner in einer Zelle abgeholt werden. Ich selbst besuchte alte Kameraden und erbat einen Einlass zu Recherchezwecken in der Bibliothek der Akademie. So waren jedem auf seine Weise ein paar erholsame Tage vergönnt.
Wenige Tage nach unserer Ankunft in der Hauptstadt konnten wir mit Sophie im Tempel der Hesinde vorstellig werden. Die Tempelvorsteherin selbst nahm sich die Zeit, dass Kind zu begutachten und bot uns im Anschluss an, dieses bei sich aufzunehmen. Zwar wäre es ihr lieber gewesen, wenn Sophie schon vor einigen Jahren mit ihrer Ausbildung begonnen hätte, aber die besonders starke Verbindung, die das Kind zur Göttin hat, bewegten sie dazu, Sophie trotzdem aufzunehmen. Beide, sowohl das Kind als auch die alte Vorsteherin, schienen mit der Entscheidung glücklich zu sein. Auf Andaryns Anregen hin, verfasste die Tempelvorsteherin auch einen Brief mit einer Bitte an alle Tempel uns bei unserer Suche nach Wissen, sofern dies Hesinde gefällig sei, zu unterstützen. Nichts, was in irgendeiner Form eingefordert werden kann, aber immer noch besser als mit vielen Fragen und leeren Händen in einem der vielen Tempel aufzutauchen.
Zum Abschied bat uns Sophie noch, nach ihren Eltern zu schauen und ihnen zu berichten, dass es ihr gut ginge. Sie gestand uns, dass sie sich große Sorgen um die Beiden machte und schon seit einigen Tagen deswegen schlecht träumte.
In den darauffolgenden Tagen konnten wir die Bibliothek der Akademie besuchen. Dort gelang es Gray und mir ein Verzeichnis zu finden, in dem der Turm erwähnt wurde. Leider handelte es sich dabei nur um eine Zusammenfassung aus einem Werk, das in Gänze nur im Konzil der Elemente zu Drakonia verfügbar ist und ein paar allgemeinen Informationen, die in der Verantwortung des Militärs erhoben wurden. Auch fanden wir die Tagebücher des Kundschafters, der vor über 500 Jahren den Turm besuchte und diesen schon damals als Ruine beschrieb. Wir fertigten von Allem Abschriften an, aber letztendlich hatten wir nur mehr Fragen als Antworten.
Auch ich selbst quäle mich mit einer Frage. Die Zeit bei meinen alten Kameraden in der Akademie und die Verantwortung, die ich trage, lassen mich daran zweifeln, ob ich weiter mit der Gruppe reisen sollte, oder ob ich mich im Schwerpunkt meinen Aufgaben im Mittelreich widme.
Tagebuch meiner Erkundung der Region östlich des Finsterkamms
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